Der unterschätzte Geruchsartikel
Ein wiederkehrendes Thema im Mantrailing ist der Umgang mit dem Geruchsartikel. Insbesondere wenn der Hund über einen Geruchsartikel aus der Tüte gestartet wird, zeigen sich – je nach Trainingsstruktur und den gegebenen Widersprüchlichkeiten – immer wieder Schwierigkeiten.
Was in Seminaren einfach aussieht, stellt sich in der Praxis oft als Herausforderung dar. Ob aus der Tüte oder dem Glas präsentiert – der Start scheint zu klappen. Doch die Realität ist anders.
Fehlerquellen in der Präsentation
Ein häufiges Problem: Der Geruchsartikel wird dem Hund mehr oder weniger aufgezwungen. Manche Hunde meiden bei der Präsentation von Tüte oder Glas den Geruchsartikel sogar. Die Interpretationen dazu sind vielfältig, ebenso wie die Varianten in der Präsentation selbst. Das Verständnis der Menschen für diese Abläufe ist oft unklar.
Motivation vs. Ritual: Ein Zielkonflikt
Mit Variationen und Kreativität versuchen viele, das Problem zu umgehen. Beispielsweise durch das Einlegen von Leckerchen in die Tüte oder den Einsatz starker Geruchskomponenten. Andere fügen dem Startritual zwei Signale hinzu, um das Verhalten des Hundes kontrollierbar zu machen.
Dennoch bleiben Konflikte bestehen. Der Hund hat in vielen Fällen die Verbindung zwischen Geruchsartikel und Spur nicht verstanden. Es fehlt die Motivation. Körpersprache und Timing des Hundeführers sind widersprüchlich. Während der Hund bereit ist, will der Hundeführer zunächst sein starres Ritual abarbeiten.
Der Mensch hilft dann mit Wissen über den Spurverlauf über Schwierigkeiten hinweg. Doch ist das wirklich zielführend?
Zielsetzung: Der sichere Start
Ziel der Ausbildung sollte sein, dass der Hund den Geruchsartikel selbstständig anriecht und im Anschluss die Spur vom Startpunkt aus zielgerichtet und motiviert ausarbeitet. Diese beiden Handlungen – Anriechen und Spuraufnahme – bilden zusammen einen sicheren Start.
Der Geruchsartikel ist dabei ein zentrales Element und muss entsprechend wertgeschätzt werden. Das Training sollte mit möglichst wenig Kontamination beginnen. Auch die Ablenkung durch andere Gerüche und Personen muss bewusst berücksichtigt werden.
Am Anfang steht jedoch nicht der Geruchsartikel im Zentrum, sondern die Motivation. Der Hund muss lernen, seine Aufgabe zu erkennen und Ablenkungen zu ignorieren. Er soll verstehen, dass er nur über die Ausarbeitung der Spur zu seiner Belohnung gelangt.
Intensity nach The Kocher Message (TKM©) – Grundlagen schaffen
Hier setzen wir auf die Trainingsmethode The Kocher Methode (TKM©). Die "Intensity" ist ein starkes Werkzeug, um diese Grundlagen zu schaffen. Je nach Hundetyp ergeben sich Unterschiede in der Motivationsarbeit – abhängig von Situation, Schwierigkeitsgrad und Trainingserfahrung.
Ein zu schnelles Vorgehen, ständiges Überfordern oder das Abarbeiten großer Distanzen ohne Aufbauphase können kontraproduktiv sein. Die Erfahrung und das Verständnis des Hundeführers sind entscheidend.
Towel-Trick: Selbstständigkeit fördern
Ein einfaches, aber effektives Werkzeug ist der sogenannte "Towel-Trick". Die Vorbereitung ist simpel: ein großes Handtuch genügt. Im Garten wird das Handtuch ausgelegt und mit etwas Futter bestückt. Der Hund darf es selbstständig aufsuchen. Später wird das Handtuch an anderer Stelle ausgelegt, ohne Futter, um die Motivation und Erwartungshaltung des Hundes zu testen.
Tage später auf einer Wiese wird das Handtuch mit einer kurzen Spur kombiniert. Der Runner legt das Handtuch am Startpunkt ab. Der Hund sieht das Handtuch, wird etwa einen Meter davor ins Halsband genommen und dorthin geführt – wie bereits im Garten eingeübt.
Auf dem Handtuch sucht der Hund erwartungsvoll nach Futter. Aus der Intensity kennt er die Verknüpfung zum Trail. Der Übergang zur Spur kann individuell unterschiedlich ausfallen, je nach Typ. Am Ende wartet die bekannte Futterbestätigung.
Optional kann ein kleiner Intensity eingebaut werden, um die Motivation zu erhalten. Die Übung lässt sich vielfältig variieren.
Hauswandübung: Struktur durch Begrenzung
Eine Variante mit strukturellem Fokus ist die Hauswandübung. Besonders bei Hunden, die ungestüm losstürmen, wirkt diese Begrenzung regulierend.
Der Geruchsartikel wird vor einer Hauswand ausgelegt. Der Hund startet im 90°-Winkel zur Wand, auf einer Wiesenfläche. Nach dem Anriechen des Artikels entscheidet er sich für eine Richtung. Die Wand begrenzt seine Optionen und hilft bei der Fokussierung.
Ziel ist auch hier die selbstständige Entscheidung des Hundes. Der Hundeführer bleibt unbeteiligt, ruhig und bewegungslos. Nur wenn der Hund die Spur sicher aufgenommen hat, folgt er ihm mit ausreichend Leine.
Vom Handtuch zur Tüte – und dann?
Ist die Fokussierung auf das Handtuch stabil, kann im nächsten Schritt die Tüte eingeführt werden. Die Glasvariante wird nicht empfohlen. Viele Wiederholungen an unterschiedlichen Orten festigen das Verhalten. Geduld und Verständnis des Hundeführers sind essenziell.
Schlussgedanken: Geduld, Verständnis, Wiederholung
Der sichere Start ist keine Selbstverständlichkeit. Er entsteht aus wiederholter, motivierender und klar strukturierter Arbeit mit dem Hund. Der Geruchsartikel darf nicht nur als notwendiges Übel betrachtet werden, sondern muss Wert und Bedeutung erhalten. Nur so kann der Hund lernen, mit echter Motivation und Verlässlichkeit in seine Aufgabe zu gehen.